Der Außenminister in der Sprachfalle

Anlässlich der Präsentation der neuen ÖAAB Generalsekretärin Beatrix Karl formulierte ÖAAB-Chef Außenminister Spindelegger folgenden Satz: „Wir geben Frauen die Chance in höchste Positionen aufzusteigen.“ (Ö1 Mittagsjournal am 20. Juli) Diese auf den ersten Blick unspektakuläre Aussage verdient eine genauere Analyse; immerhin ist die Sprache der ergiebigste Zugang zu Denkstrukturen, und da hat der Satz einiges zu bieten.

Harmlos ist zunächst einmal die Patina, die der Oberflächenaussage anhaftet: Der Außenminister greift zu einem Satz aus der Sprachkiste der 70er Jahre. Damals konnte vor progressivem Publikum mit politischen Ansagen dieser Art wahrscheinlich gepunktet werden. Heute?

Schlimm wird’s bei der Tiefenstruktur des Satzes, denn da liegt der Brennpunkt in der hierarchisch herablassenden Aussage: „Wir geben Frauen eine Chance.“ Was ist da passiert? Der Außenminister versucht sich als aufgeschlossener Politiker zu outen, der auf Chancengleichheit setzt, greift dabei aber zu einer sexistischen Satzstruktur, bei der die zentrale Frage das Personalpronomen betrifft: Wer ist dieses „wir“? Wer verbirgt sich hinter diesem pluralis majestatis des Subjekts, dem in diesem Fall die Bezeichnung tatsächlich gebührt, denn dieses „wir“ vergibt immerhin Chancen an Frauen. Daraus ist auf ein männliches Subjekt zu schließen, ausgestattet mit erstaunlichen Machtbefugnissen, gottähnlich agierend. Denn in diesem nebulosen Machtzentrum „wir“ wird entschieden, wie gesellschaftliche Entwicklungen abzulaufen haben, ob Frauen beispielsweise Chancen bekommen oder nicht.

Letztlich verrät der Satz auch noch Bemerkenswertes über des Ministers Ranking von beruflichen Funktionen: Wenn eine Uni-Professorin aus Graz Generalsekretärin des ÖAAB wird – der Duden erzählt einiges über die nicht eben aufbauende Gender-Bedeutung des Wortes „Sekretärin“ – ist das für den Außenminister ein Aufstieg in höchste Positionen – nicht schlimm, aber doch erwähnenswert.

An Spindeleggers Satz ist wieder einmal zu sehen, dass „die Sprache ein Luder ist“, das gnadenlos tief sitzende Denkmuster entlarvt: Harmlos aussehende Sätze entpuppen sich als Keulen, die als Bumerang zurückkehren.

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