Peter BIELÈSZ: “Begegnung mit Seltsam”

„BEGEGNUNG MIT SELTSAM“ – Fulminante Uraufführung im Haus der Kunst
Nachlese von Elisabeth Glanner zur szenischen Lesung des Theaterstücks von Peter Bielész
und zum Künstlergespräch mit Herbert Först

 

Peter Bielész im Gespräch mit Herbert Först

Peter Bielész im Gespräch mit Herbert Först

Am 30. April fand im Haus der Kunst ein literarischer Abend der besonderen Art statt. Im Rahmen von „Begegnung Literatur“ stellte Herbert Först den Badener Lyriker und Dramatiker Peter Bielész vor, gefolgt von einer szenischen Lesung eines Ausschnitts seines Stücks „Begegnung mit Seltsam“.
Zu Beginn führte Herbert Först ein klug konzipiertes, erhellendes Gespräch mit dem Autor, in dem die Hintergründe der Thematik des Stücks zur Sprache kamen. Umkreist wurden auch die Schnittfläche von Denken und Dichten und die komplexe Frage nach der Wahrhaftigkeit einer Philosophie, deren Schöpfer politisch in die Irre ging.
In der tragischen Groteske „Begegnung mit Seltsam“ gestaltet Peter Bielész eine Begegnung des Dichters Paul Celan, Autor des weltberühmten Gedichts „Todesfuge“ und Überlebender der Shoa, und des deutschen Existenzphilosophen Martin Heidegger, dessen Verstrickungen in den Nationalsozialismus jüngst immer offenkundiger werden.

Dennis Cubic als Paul Celan

Dennis Cubic als Paul Celan

In ihrer Lebensgeschichte werden die Verwerfungen des 20. Jahrhunderts deutlich – Mitschuld und Verdrängung, Leid und lebenslange Traumatisierung.
Dies ist auch von Peter Bielész in die Figuren seines Stücks eingeschrieben und bildet den tragischen Untergrund des fiktiven Gespräches der beiden vor Heideggers Hütte im Schwarzwald.
Bielész zeigt die gegenseitige Faszination, aber auch gleichzeitig die unüberwindbare Grenze zwischen Celan und Heidegger, zwischen ihnen liegt ein „Niemandsland“. Dennis Cubic in der Rolle Paul Celans zieht mit fester Hand einen Kreidestrich über die Bühne und markiert damit eine Grenze, die für ihn nicht überschritten werden darf. Cubic macht die Sensibilität eines Träumers und die unheilbaren seelischen Verletzungen des Dichters spürbar. Berührend spielt er die wachsende Verzweiflung Celans, der vergeblich auf „das bekennende Wort“ Heideggers wartet.

Reinhardt Winter als Martin Heidegger

Reinhardt Winter als Martin Heidegger

Wunderbar komisch gibt Reinhardt Winter – in seinem Trachtenanzug köstlich anzuschauen – den Denker in seiner eitlen Selbstgefälligkeit, der mehr oder weniger geschickt an seiner „Denkhütte“ bastelt und einen Hammer schwingt. In Bielész’ Stück schrumpft der sprichwörtliche elfenbeinerne Turm der Philosophie zur Hütte, immerhin zur „Denkhütte“. Vor der moralischen Verantwortung flüchtet sich der Protagonist in die Attitüde des prüfenden Professors und in hohl klingende, leicht polternd vorgetragene philosophische Phrasen. Winter macht aus dem großen Philosophen eine komödiantische Figur, ohne ihn zur Witzfigur verkommen zu lassen.
Beide Darsteller spielten ihre Rolle mit intensiver Präsenz. Das Publikum dankte es ihnen und dem Autor des geistreichen Theaterstücks mit großem Applaus.
Zur Abrundung des bestens gelungenen literarischen Abends wurde ein Heidegger-Buffet mit Mettwurstbroten und Schwarzwälder Kirschtorte gereicht.

Elisabeth Glanner

Pressetext:

„Ich, Martin Heidegger, bin ein Irrtum.“

Peter Bielész serviert Literarisches, Metwurstbrote, Riesling und Schwarzwälder Kirschtorte.

Am 26. Juli 1967 besucht der Lyriker Paul Celan den Philosophen Martin Heidegger in dessen „Hütte“ Todtnauberg im Schwarzwald. Was passiert, wenn zwei Geistesmenschen einander begegnen, in deren Welten die volle Tragik der Zeit greifbar wird? Paul Celan, der aus der Bukowina stammende Dichter, tragisches Opfer der Shoa, trifft auf den mit dem Nationalsozialismus sympathisierenden Philosophen Martin Heidegger. Über das Wort sind die beiden mit der Welt des jeweils anderen mehr als vertraut. Seit 1952 liest und studiert Celan die Schriften des deutschen Philosophen; Heidegger wiederum kennt „alles von ihm“ und bewundert ihn. Und dennoch: Unüberbrückbares trennt die beiden.

Fragen, Theorien und viel Dunkelheit umgeben die Begegnung vom 26. Juli 1967. In seinem Bühnenstück „Begegnung mit Seltsam“ geht der Badener Autor Peter Bielész dieser unseligen Verflechtung zweier Lebenswege nach. Am 30. April präsentiert er bei „Begegnung Literatur“ im Gespräch mit Herbert Först seine tragische Groteske. Der Zeitpunkt könnte besser nicht gewählt sein: Vor 70 Jahren entstand Paul Celans weltberühmt gewordene „Todesfuge“, und im vergangenen März sorgte die Veröffentlichung der so genannten „Schwarzen Hefte“ Martin Heideggers für gehöriges Aufsehen in der Philosophen-Szene, da diese „Notizen“ die Nähe des Philosophen zum Nationalsozialismus mehr als nahelegen. In Heideggers Hütte im Schwarzwald lässt nun Peter Bielész den Holz hackenden Philosophen auf den sensiblen Lyriker treffen, und es ist das skurril schroffe Gegenüber von zwei Charakteren, das den Reiz des Bielész-Textes ausmacht, der aber auch als eine bekömmliche Einführung in die Sprach- und Geisteswelt zweier großer Denker des 20. Jahrhunderts gelesen werden kann.

Nach einem einführenden Gespräch werden die beiden Schauspieler Dennis Cubic und Reinhardt Winter zentrale Passagen des Stückes in Szene setzen und gehörig Leben auf die Bühne bringen. Das Finale des Abends beschert den Gästen auch noch Köstliches für den Gaumen: Bei einem „Heidegger-Büffet“ werden ganz nach dem Geschmack des Schwarzwald-Philosophen Metwurstbrote, Riesling und Schwarzwälder Kirschtorte zu verkosten sein.

Karten für diesen literarisch-kulinarischen Abend gibt es zu Euro 15 im Haus der Kunst, in der Buchhandlung Zweymüller und an der Abendkassa. „Begegnung Literatur“ mit Peter Bielész beginnt um 19 Uhr 30.

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